oben sieht man die weißen Stellen die auf Druck hindeuten und die
Kuhlen hinter dem Schulterblatt, hier durch die Kopfhaltung verstärkt.
Ein Pferd kann das Reitergewicht mit einer solchen Kopfhaltung natürlich
nicht tragen da der Rückenmuskel so nicht angespannt ist!
alte Satteldecke mit Einschub für Moosgummieinlagen
kompletter Sattel ohne VPS-System
Eindruckstellen des Steigbügelriemens, die durch zu viel Druck
weiße Haare verursachen
Ich fing an herum zu experimentieren und nähte mir zunächst einen Woilach aus Schurwollwalk den ich an der Satteldecke vorne befestigte. Eigentlich kein Woilach im ursprünglichen Sinn (WIKIPEDIA: Ein Woilach ist eine Decke aus Wolle die einmal halbiert und einmal gedrittelt wird, so dass sich insgesamt sechs übereinanderliegende, gleich große Bereiche der Decke ergeben. Beim Falten und Satteln muss auf Faltenfreiheit geachtet werden, da sonst Druckstellen am Pferd entstehen können. Es ist darauf zu achten, dass die „geschlossene“ Seite, d. h. ohne Kanten, nach vorne zu liegen kommt.) Ich nähte eine einfache Schurwollwalkdecke in der anatomischen Form des Pferderückens. Schurwollwalk ist gestrickt und verfilzt, ein 5-7mm dickes Polster das sich durch Feuchtigkeit und Wärme exakt verformen und an die Umgebung anpassen kann. Dieser hatte schon früher bei einem normalen Dressursattel im Bereich des Übergangs Satteldecke Pferd ein Abscheuern durch den Druck des Bauchgurtes verhindert und er milderte den Abrieb etwas aber unter den Steigbügelriemen traten bald Druckstellen auf und es bildeten sich weiße Härchen durch absterbende Haarwurzeln. Also schaute ich mich nach einem neuen Sattel um.
Es sollte wieder ein baumloser sein da ich vom System immer noch überzeugt war. Ich fand heraus, dass ich seinerzeit die alte Version gekauft hatte obwohl auf der Barefoot®-Website damals schon mit der neuen mit VPS-System geworben wurde. Restbestände des Händlers! Ich ließ mich bei Barefoot® beraten. (Der komplette Beratungs-Schriftverkehr hier als pdf) Diese Beratung fand nur per email und telefonisch statt da es nicht möglich ist am Firmensitz des deutschen Vertriebs mit Pferd aufzutauchen. Ich schickte obige Bilder hin und erhielt die folgenden Empfehlungen. Man empfahl mir zunächst eine andere Wanderreitschabracke. Die alte bestand aus einer Satteldecke mit Einschub für Schaumstoffeinlagen (zur Freihaltung des Wirbelkanals) und auf der Unterseite des Einschubs Lammfell. Das Problem mit dem Lammfell ist: Es verfilzt bei Gebrauch und wird dadurch hart und rau wie ein Reibeisen. "Ja das muss man immer nach Gebrauch bürsten" war das Statement von Barefoot®! (Na da soll mal einer nach einem 6-8 Stunden Reittag auch noch eine halbe Stunde das Lammfell bürsten und die Kardätsche muss dann auch ins Gepäck...) Der Schurwollwoilach darunter löste das Problem zwar, war aber etwas unhandlich beim Satteln und faltenlos auflegen da der weiche biegsame Sattel und die Schabracke und der Woilach zusammen in Form gehalten werden müssen während man den Sattel über das Pferd hebt.
Die neue spezielle Wanderreitschabracke war eine normale Schabracke an die von unten ein Pad mit zwei Flügeln aufgeklettet werden konnte. Dieses Pad hatte wiederum einen Einschub sowie Lammfell an der Unterseite. Man kann die Wanderreitschabracke auch noch nach hinten verlängern was sehr praktisch ist.
Als Allerletztes: gegen die Atrophie (WIKIPEDIA: Gewebsschwund)
empfahl man mir einen Soft-Einsatz für den Vorderzwiesel, bestehend
aus einem, mit Watte gefüllten Kissen ("weich wie ein Stofftier"). "Da
könne dann nichts mehr drücken und Muskelrückbildungen hervorrufen"
(Atrophie entsteht wenn ein Muskel ständigem schmerzhaften Druck ausgesetzt
ist. Das Pferd versucht dann diesen Muskel eingeschränkt oder nicht
mehr zu bewegen was eine Rückbildung auslöst)
Mein Einwand, dass das doch unmöglich einen Freiraum über dem Widerrist
schaffen könne beantwortete man mit: "das sei nicht nötig, der Sattel
sitze wie ein Pullover über dem Pferd und könne nirgends drücken".
normale Einsätze aus Metall/Polyesterharz die es in 4 Größen gibt
Nun gut, ich bin ja immer aufgeschlossen Neuem gegenüber und kaufte die ganze Geschichte. Sattel ca. 509 Euro (mit 15% Rabatt da aus einer Rücksendung des Shops), Schabracke 229 Euro, Einlagen 50 Euro, Soft-Einsatz 20 Euro. Der neue Sattel war jetzt mit einer Masse von Polsterungen versehen, dass man von "im Pferd sitzen" eigentlich nichts mehr bemerkte. Dadurch, dass alles neu war ließ er sich schlecht gurten ohne mit Gewalt zuzuziehen. Es war extrem schwierig so zu satteln, dass alles zusammen symmetrisch und an der richtigen Stelle auf dem Pferd lag. Zu weit vorne, seitlich verrutscht, die 3 unabhängigen Schichten gegeneinander verrutscht - eine unbefriedigende Geschichte, die sich auch schlecht verhindern ließ da es beim Satteln schwer einsehbar war und das Verrutschen auch noch nach dem Satteln, beim Reiten auftrat.
normale Schabracke mit dem Soft-Einsatz: Auch
hier eine Fülle an Material über dem Widerrist
von hinten sieht alles gut aus
so sollte ein Pferd nicht gesattelt
sein - aber es passierte trotz größter Sorgfalt beim Aufsatteln immer
wieder,
dass es nach einiger Reitzeit so aussah.
der neue Barefoot®-Sattel mit VPS
und normaler Schabracke - eigentlich viel zu viel Material für das kleine
Pferd und er geht viel zu weit nach hinten, fast bis auf die Kruppe,
obwohl es die kurze Version ist
Und was dann folgte war schon fast amüsant:
Der erste Ausritt mit dem neuen Sattel und ich hatte meinen Hut vergessen!
Beim Galopp, ich war am Fotografieren, der Sattel rutscht leicht in einer Rechtskurve nach links, ich versuche rechts auszugleichen aber gehe dann doch zu Boden. Mein Pony war so cool, zum Stillstand zu kommen als ich den Boden mit den Füßen berührte!
Gut, das habe ich dann einigermaßen in den Griff bekommen, aber es war noch schwieriger zu satteln als mit dem alten weil der neue wesentlich größer, weicher und dicker, einfach unhandlicher war. Aber es kam noch schlimmer: Der Sattel setzte sich, auch über dem Widerrist, wurde immer breiter und flacher. Nach ein paar Wochen war der Widerrist obenauf und an den Seiten völlig kahl gescheuert. Ich wechselte den Softeinsatz der vorderen Fork wieder aus gegen die feste Version und der Sattel lag wieder höher über dem Widerrist. Aber durch die dicke Polsterung berührte natürlich ständig zu viel Material das Fell. Dann kam der Tag als der Widerrist an der Seite leicht blutig war und druckempfindlich. Ich schaute mir die ganze Geschichte in Ruhe an und bemerkte, dass der "Kanal" der durch die Satteldeckeneinlagen entstehen sollte am Widerrist dazu führte dass es zu eng wurde und der Widerrist durch die festen Kunststoffplatten in den Polstereinlagen gequetscht wurde. In der, durch den Vorderzwiesel entstehenden Kammer war einfach nicht genug Platz für die dicken Einlagen und den Widerrist. Das Extrapad der Schabracke war klettbar und konnte nach hinten verschoben werden aber keine 10-12cm (die ganze Widerristlänge), dann hätte es hinten rausgeragt und der Druckschutz vorne unter dem Vorderzwiesel wäre nicht mehr vorhanden gewesen. Ich habe dann ein Dreieck vom vorderen Rand in der Größe des Widerristes in die Polstereinlage hineingeschnitten und siehe da - alles war gut. Jetzt konnte man einen deutlichen Hohlraum um den Widerrist sehen und ertasten. Dieses Wanderreitpad ist einfach eine völlige Fehlkonstruktion. Für runde Pferde ohne erkennbaren Widerrist vielleicht erträglich aber bei meinem Araberchen mit einem sehr hohen ausgeprägten Widerrist völlig untauglich. Was für eine Beratung von dem, ich zitiere von der Website: "Physiotherapeutenteam"
Quelle: Barefoot®-Website 13.03.2014
Alles schien ok, alle waren glücklich bis zu dem
Tag als dann unter den Steigbügelriemen wieder deutlich weiße Haare zum
Vorschein kamen (Die letzten waren nach dem Fellwechsel verschwunden). Diese
waren diesmal weiter unten, da wo die dicke Polsterung aufhört und weiter
vorne wo der Rand der festen Einlagen am Pferd liegt und es war klar - dort
war der Druck durch das Reitergewicht über die Steigbügelriemen und die
Vorderfork am größten. Danach hatte ich endgültig die Nase voll von
baumlosen Sätteln und habe mir einen Maßsattel mit flexiblen Baum von der
Sattlerei Sommer anfertigen lassen.
kurze Sattellänge und hohe Widerristfreiheit mit
deutlichem 4-Finger-breiten Abstand
//www.sattelmacher.com
Jetzt drei Monate danach sind die "Atrophie Kuhlen" schon deutlich flacher geworden. Das Fell hat sich erholt. Das Satteln geht einfach vonstatten da der auf Maß gefertigte Sattel an der richtigen Stelle spürbar "einrastet". Diese ganze Polsterschichten-Sortiererei fällt weg. Man nimmt den Sattel mit Schabracke und Woilach darunter (den habe ich aus Gründen der besseren Waschbarkeit beibehalten - hält die Schabracke frei von Schweiß, Dreck und Haaren und lässt sich leicht waschen) und legt ihn aufs Pferd. Die Schabracke lässt sich exakt am Sattel fixieren da die Sattelunterseite fest und formstabil ist. Er ist leichter als der, angeblich leichte Barefoot®, keine Berührung des Sattels mit dem Widerrist, sogar die Satteldecken kann man leicht nach oben ziehen und am Sattel befestigen, dadurch halten sie auch oben, er belastet ausnahmslos die Rippenregion und hat eine sehr große Auflagefläche. Er ist leicht flexibel und verwindet sich beim Biegen des Pferdes, so dass dort kein Druck entstehen kann. Er ist von unten völlig plan und es gibt keine Kanten an denen sich eine Druckerhöhung ergeben könnte.
Man muss natürlich den Sommer abwarten mit den längeren Ritten und dem dünneren Fell. Ich hoffe nur die weißen Haare werden wieder mit dem Fellwechsel verschwinden, andernfalls habe ich ein dauerhaftes Andenken an ein vielversprechendes Sattelsystem was leider den Anforderungen meiner Reitpraxis nicht gewachsen war ...
Ich werde später an dieser Stelle weiter berichten.
geschrieben 13. März 2014
Wegen der vielen Statements in den diversen Portalen in denen ich diesen Beitrag gepostet habe muss ich jetzt noch mal etwas dazu sagen. Zu den Fotos vom Rücken: So schlimm wie es auf dem Foto aussieht war es natürlich nicht. Ich hatte extra nach dem Reiten den Satteleindruck bzw. den Eindruck der Schabracke nicht weggebürstet damit man sieht wie klein die tatsächliche Auflagefläche eigentlich ist. Es war Februar und mein Pony neigt zu sehr dichtem und relativ langem Winterfell das an den Berührungsstellen der Lammfellunterseite der Schabracken nass und plattgedrückt wurde. Daher rührt der Eindruck - nicht von Muskelrückbildung am Längsmuskel. Die Kopf- und Beinhaltung unterstützt außerdem die "Kuhlenbildung" um die Atrophie deutlicher zu machen. (Zur Athrophie: Ich hatte vorher alle möglichen Spezialisten um ihre Meinung gefragt und die waren sich NICHT einig. Bei stark araberlastigen Pferden die auch noch so extrem "mager" sind, kann man das nicht mit Sicherheit sagen. Das Schulterblatt sticht bei ihm sehr hervor er hat keinerlei Fettpolsterung, die bei den meisten Pferden einiges überdeckt. Und wie gesagt - der Prozess war ja stark schleichend. Diese Kuhlen hatte er schon mit 6-8 Jahren als er noch klassische Turniere (bis L) ging. Im Rücken hatte er überhaupt keine Probleme, ist biegsam durchlässig, locker und völlig schmerzfrei - ein Pferd das seinen Reiter 500km in 14 Tagen trägt (und das jeden Monat einmal) und danach noch fit ist und freudig in jeden Tag hinein läuft, das aus dem Stand locker angaloppiert und sich, obwohl es so schmal wie ein Handtuch ist, drei mal beim Wälzen "überschlägt", hat keine Rückenprobleme.)
Zum heutigen Zeitpunkt weiß ich natürlich, dass es durchaus Atrophie war, denn jetzt, nach 5 Monaten mit einem anderen Sattel zeigt sich, dass die Kuhlen deutlich flacher geworden sind. Aber auch der zweite Barefoot-Sattel hatte über 6 Monate dazu beigetragen weil die Polsterung unter den Problemstellen erheblich besser war, das muss man auch klar sehen, nur hatte der eben wieder andere Phänomene und Probleme zur Folge.
Ich kritisiere vor Allem die Beratung bei Barefoot® und deren Aussage "viele Distanzreiter würden ohne Probleme auf dieses System setzen" und halte dem meine Erfahrungen dagegen. Und das Problem der hohen Belastung des Vorderzwiesels und damit die Tendenz zur Atrophiebildung trotz "baumlos - da kann ja nichts drücken!" - kann es eben doch. Und, dass das Problem des "Haare Abscheuerns" letztlich dazu führen kann, dass das Pferd wund wird - und das kann man bei keinem "baumlosen" vermeiden. All diese Faktoren werden mehr oder weniger totgeschwiegen und waren auch mir lange nicht bewusst. Und deshalb wollte ich das hier deutlich machen.
Ich wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass man baumlos nicht mit baumlos gleichsetzen sollte. Das habe ich auch nicht vor da ich die anderen Systeme zwar kenne aber nicht getestet habe, jedoch bin ich mittlerweile der Meinung, dass kein baumloser Sattel den Belastungen eines permanenten "Wander"-Reitens gewachsen ist, auch wenn er keine Druckspitzen durchlassen würde. Wandereitpferde kann man auch nicht mit Distanzpferden gleichsetzen. Ich denke, die oben aufgeführten Probleme werden durch die Dauerbelastung 6-8 Stunden täglich und mit teilweise viel Gepäck reiten bei keinem baumlosen zu vermeiden sein.
Es gilt den richtigen Sattel für die hohen Belastung des täglichen Reitens,
auch mit viel Gepäck, wie es beim Wanderreiten der Fall ist, zu finden.
Ich halte überhaupt nichts von den klassischen Stocksätteln (z.B. Westernsättel)
die riesige Auflageflächen haben, keinerlei Flexibilität im Baum. Diese
Sättel können nicht passen bzw passen nur in einer einzigen Stellung. Daher
brauchen sie ja auch diese Monsterpads darunter. Ich kenne einige Reiter
mit Westernsätteln deren Pferde auch eine Atrophie des Trapezmuskels haben
obwohl der Sattel angeblich prima passt.... Auch die klassischen Dressursättel
taugen in meinen Augen dazu nicht da ihre Auflagefläche zu klein ist und
man das Gewicht des Gepäcks auch nicht über den Sattelbaum verteilen kann
da er keine überragenden Trachten hat. Mir erschien daher der baumlose Sattel
als das Nonplusultra, als die Innovation (Wobei mit dem Packtaschengewicht
hat der baumlose da ähnliche Probleme). Von der Theorie her ist das ja durchaus
einleuchtend. Als ich den zum ersten Mal auflegte habe ich mein Pferd gespürt
so als würde ich ohne Sattel reiten. In dem Sommer war ich oft ohne Sattel
unterwegs und mein Pony neigt zum Buckeln wenn er ohne Sattel geritten wird
da er keinen Widerstand des Sattels fühlt und den Rücken dadurch wunderschön
krumm machen kann. Es ist einfach die Freiheit sich so zu benehmen wie auf
der Koppel. Buckelnd über die Koppel schießen war seine Lieblingsbeschäftigung
- heute ist er etwas gesetzter da ja auch 7-8 Jahre älter) Das gleiche Verhalten
hat er gezeigt als ich zum ersten mal den baumlosen auflegte.
Ein Pferd ist so stark in Bewegung, jede steife Zwangsjacke muss unwillkürlich
drücken wenn es anfängt sich zu bewegen. (Wobei auch da gibt es steife Pferde
und biegsame, es wird sich also unterschiedlich heftig aus wirken). Die
Kunst ist es, einen Sattel zu konstruieren, der seitliche Flexibilität mit
großer Auflagefläche kombiniert, der selber leicht ist und die, sich stark
bewegenden Stellen am Pferd (Widerrist und Schulterregion) frei hält damit
da nichts scheuern kann und der den Druck des Reitergewichtes über die Steigbügel
vom Rücken auf die Rippen verlagert und auch da verteilt. Und all das kann
ein baumloses System offensichtlich nicht und es führt bei entsprechend
hoher Belastung unweigerlich zu Problemen!
19.03.2014
Antwort von Barefoot® (Sie hatten obigen Bericht ohne die Ergänzung vom 15.03. in etwa so erhalten:)
"Lieber Herr Müller,
natürlich sehen wir Ihre Hinweise und
Empfindungen als Chance uns zu verbessern. Wir hören auch gerne Kritik –
bisher kam in der Regel täglich nur positive bei uns an, über die wir uns
sehr freuen.
Wir bedanken uns daher besonders für Ihre
Mithilfe und Schilderung Ihrer persönlichen Eindrücke.
Viele liebe Grüße aus Hirschhorn
Mit besten Grüßen aus Hirschhorn
Der Sommersattel hat sich weiterhin so bewährt wie am Anfang. Im Jahr
2015 hatte ich, bzw. mein Pferd, aber erhebliche Probleme